Vorwort - Medizinische Statistik

 Vorwort zur 8. Auflage

Das Titelbild zeigt eine einzelne Person umgeben vor einer sich in Bewegung befindlichen Menschenmenge. Dies mag für ein Statikbuch zunächst ungewöhnlich erscheinen, spiegelt aber das Selbstverständnis der medizinischen Statistik in der Ära der Evidence Based Medicine wider: Der einzelne Patient ist Dreh- und Angelpunkt aller medizinischen Bemühungen. Die gesunden und kranken Menschen um ihn herum und vor allem – zeitlich gesehen – vor ihm, haben den Fundus an medizinischem Wissen gelegt, aufgrund dessen der Einzelne behandelt wird, wenn er krank ist.
Dieses Bild entspricht aber auch der epidemiologischen Situation, in der sich der Einzelne befindet. Fast alle Erkrankungen ergeben sich aus der Interaktion mit den Mitmenschen. Bei Infektionskrankheiten ist dies offensichtlich, aber es gilt auch für verhaltensbedingte Erkrankungen, insbesondere für die sog. Zivilisationskrankheiten.
Bei der Neuauflage dieses Buches hat das Thema Epidemiologie eine große Rolle gespielt. Die Epidemiologie ist ebenso wie die medizinische Statistik ein Querschnittsfach, welches für fast alle Bereiche der Medizin von Bedeutung ist.
In den letzten Jahren hat die Evidence Based Medicine Einzug in den klinischen Alltag gehalten und damit den Transfer neuer Erkenntnisse von der Forschung zur Behandlung ganz wesentlich beschleunigt. Die Regeln der ärztlichen Kunst werden heute durch Leitlinien definiert, die kontinuierlich dem medizinischen Fortschritt angepasst werden.
Die Medizin ist unzweifelhaft eine Naturwissenschaft: Die Pathophysiologie beruht auf den Prinzipien der Physiologie und Biochemie und auch die therapeutischen Eingriffe entfalten ihre Wirkungen auf naturwissenschaftlicher Grundlage.
Und dennoch gibt es im Bereich von Diagnostik, Therapie und Prognose niemals eine absolute Gewissheit. Die Variabilität des Patienten führt immer wieder zu Überraschungen. Dies entwertet keinesfalls die Regeln der Schulmedizin, aber es zwingt den behandelnden Arzt zur ständigen Wachsamkeit.
Auf dem Weg von der 7. zur 8. Auflage ist dieses Buch wesentlich umfangreicher geworden. Die Lesbarkeit hat darunter jedoch nicht gelitten, weil jedes Kapitel eine abgeschlossene Einheit bildet und in der Regel auch ohne Kenntnis der vorangegangenen Kapitel verständlich ist.
Ich hoffe, dass der Leser bei der Lektüre zur Erkenntnis kommt, dass medizinische Statistik heute weit mehr ist als die Auswertung medizinischer Datenreihen. Kapitel mit speziellem Bezug zur Medizin sind zum Beispiel Entscheidungsfindung in der Medizin, Das Risiko, Fehler und ihre Vermeidung, Kausalität, Versuchsplanung, Der klinische Versuch, Epidemiologische Studien, Demographischer Wandel, Grundzüge der Epidemiologie, Systematic Reviews und Metaanalysen, Evidenzbasierte Medizin und Leitlinien sowie Literatursuche. Schon diese Aufzählung zeigt, dass Statistik zu einem tieferen Verständnis medizinischer Zusammenhänge verhilft.
Zum Schluss möchte ich mich bei den engagierten Mitstreitern bedanken, ohne deren Hilfe dieses Buch nicht hätte entstehen können. Meine Frau hat alle Abbildungen neu angefertigt, Bente Blasius hat sich um Satz und Layout gekümmert, Ulf Schiefer um die Orthografie, Prof. Detlev Kraack um Stil und Verständlichkeit, und mein Sohn stand immer dann mit Rat und Tat zur Seite, wenn es Probleme gab, bei Abbildungen, Formeln, Tabellen usw. Für inhaltliche Anregungen bin ich Prof. Gerd Antes, dem Direktor des Deutschen Cochrane Zentrum in Freiburg, für viele Denkanstöße und zum Teil auch Formulierungen dankbar, aber auch seinen Mitarbeiterinnen, Frau Dr. Christine Schmucker und Frau Edith Motschall. Für Fehler hingegen – sollten doch noch welche vorhanden sein – bin ich selbst verantwortlich.
Ich hoffe auf zahlreiche Rückmeldungen, Anregungen kritische Hinweise und Verbesserungsvorschläge. Auf der Seite 542 haben wir für diesen Zweck eine Leserumfrage vorbereitet.
 
Volker Harms